Das Herz, sein Rhythmus und dessen Störungen

Das Herz, sein Rhythmus und dessen Störungen

22. Juli 2025 Seite drucken

Herzlich willkommen zu einem ganzheitlichen Blick auf die Herzfunktion und auf Herzrhythmusstörungen!

Störungen des Herzrhythmus können sich subtil äussern. Womöglich wundern Sie sich, wenn Sie mitten in der Nacht aufwachen, über einen schnellen, ein bisschen stolpernden Herzschlag. Oder Sie bemerken tagsüber bei mässiger körperlicher Belastung einen starken Pulsanstieg, einen Leistungsknick oder Schwindelgefühle.

Herzrhythmusstörungen sind weit verbreitet und im Zunehmen begriffen, vor allem im Alter. Schon jede zehnte Person über 75 Jahre ist mittlerweile von einem Vorhofflimmern betroffen, der häufigsten Form der Herzrhythmusstörung.

Wie verfährt die integrative Medizin bei Herzrhythmusstörungen?

Über weite Strecken genauso wie die Schulmedizin.

Zum Beispiel geben Ärztinnen und Ärzte der integrativen Medizin beim Vorhofflimmern ebenso standardmässig medikamentöse Gerinnungshemmer (Antikoagulanzien) wie ihre rein schulmedizinisch praktizierenden Kolleginnen und Kollegen. Denn man weiss heute, wie empfindlich die im Blut gelösten Gerinnungsfaktoren auf gestörte Herzbewegungen reagieren. Verstärkt sich die Tendenz zur Gerinnselbildung, drohen ein Schlaganfall oder andere Komplikationen.

Um dieses Risiko zu reduzieren, sind Gerinnungshemmer (Blutverdünner) bei Herzrhythmusstörungen ein Muss. Denn die Naturmedizin bietet keine ebenbürtigen Alternativen. Wohl aber strebt die integrative Kardiologie nach einem tieferen Verständnis von Herzrhythmusstörungen.

Das Herz zwischen Ruhe und Bewegung

Herz und Lunge sitzen im Brustkorb. Schon dessen Anatomie sagt uns einiges. Die Rippen bilden einen knöchernen Schutzraum für die lebenswichtigen Organe, ähnlich wie die flachen Schädelknochen eine Höhle für das Gehirn bilden. Nur mit dem Unterschied, dass der Schädel eine starre Struktur ist, während die Muskulatur und das Bindegewebe des Brustkorbes Beweglichkeit zulassen.

Andererseits ist diese Beweglichkeit bescheiden, verglichen damit, wie sich die Gliedmassen bewegen können. Arme und Beine mit ihren röhrenförmigen Knochen und gelenkigen Verbindungen verkörpern geradezu das Bewegungsprinzip, wohingegen der Schädel ganz darauf angelegt ist, das Gehirn ruhig zu halten.

Der Brustkorb ist also ein skelettales Mittelding zwischen Schädel und Gliedmassen. Er hat Anteil sowohl am Ruhe- wie am Bewegungspol und verbindet diese räumlich-strukturell. Dagegen verbinden Herz und Lunge die beiden Pole zeitlich, und zwar im rhythmischen Wechsel von Bewegung und Ruhe. Vereinfachend können wir festhalten:

Bewegung + Ruhe = Rhythmus

Das heisst in Bezug auf das menschliche Herz: Es zieht sich zusammen (Bewegung) und entspannt sich wieder (Ruhe). Und dies im Normalfall 60 bis 80 Mal pro Minute, ungefähr hunderttausend Mal am Tag oder über drei Milliarden Mal im Laufe eines achtzigjährigen Lebens.

Gar nicht mitgezählt sind dabei die vorgeburtlichen Herzschläge: Schon ab dem 21. Embryonaltag fängt das Herz zu schlagen an, noch bevor – davon abhängig – die Strukturen der Brustregion Form annehmen.

Rhythmen als Lebensträger

Herz, Rhythmus und Leben rücken im anthroposophischen Blick auf den Menschen eng zusammen. Auf die Frage, wie man das Leben erklären könne und studieren solle, gab Rudolf Steiner einmal lapidar zurück: «Studieren Sie die Rhythmen». Und: «Rhythmus trägt Leben.»

Tatsächlich ist unser Organismus stark von biologischen Rhythmen getragen. Wir finden sie nicht nur im Herzschlag und in der Atmung, sondern auch im Schlaf-Wach-Rhythmus, im Stoffwechsel, in der Hormonausschüttung, in der Regulierung der Körpertemperatur usw. Dabei scheinen die körpereigen eingependelten Rhythmen regelmässig mit dem Hell-Dunkel-Wechsel von Tag und Nacht abgestimmt zu werden. Auf dem Boden der Chronobiologie ergeben sich also zwangsläufig kosmische Bezüge zu Mond und Sonne.

Zusammenhänge zwischen Lebensrhythmen und Gesundheit sind relevant für die Therapie. Darauf deuten Studien, die auf Intensivstationen durchgeführt wurden: Eine Beleuchtung, die den Tagesverlauf der Sonne simuliert (Tag/Nacht-Rhythmus), beeinflusst den Heilungsverlauf positiv. Dies bestätigt, wie wichtig es ist, Rhythmen zu berücksichtigen und zu pflegen. Umso mehr, als uns der moderne Medienkonsum, die Anforderungen der Leistungsgesellschaft und speziell die Erwartung der ständigen Erreichbarkeit sehr leicht von unseren biologischen Rhythmen entfremden.

  • Wie rhythmisch gestalte ich meinen Tag?
  • Wie rhythmisch gestalte ich mein Leben?
  • Wie sehr bin ich mit den Rhythmen der Natur verbunden?
  • Wie halte ich es mit Ruhe und Bewegung?

Drei Grundformen der Herzrhythmusstörung

Grundsätzlich unterscheidet man drei Formen von Herzrhythmusstörungen: einen unregelmässigen, einen zu schnellen und einen zu langsamen Herzschlag.

Unregelmässiger Herzschlag

Bei einem unregelmässigen Herzschlag hat man die Empfindung, dass das Herz öfters kurz aussetze und dann stolpere. Hinter diesem Stolpern stecken meist Extraschläge, die auch bei jungen und gesunden Menschen vorkommen können, ohne aufzufallen. Erst wenn das Herzstolpern häufiger auftritt oder sich weitere Beschwerden einstellen (siehe unten), kann man von einer behandlungsbedürftigen Herzrhythmusstörung ausgehen.

Zu schneller Herzschlag (Tachykardie)

Schlägt das Herz in Ruhe zu schnell, nehmen die Betroffenen ein Herzpochen oder ein Herzrasen wahr. Dies kann beunruhigen und ängstigen, vor allem wenn weitere Beschwerden hinzukommen wie Schwindel, Kurzatmigkeit oder Brustschmerzen. Bei einem sehr hohen Puls kann es zu Verwirrung, Benommenheit oder Bewusstlosigkeit kommen.

Zu langsamer Herzschlag (Bradykardie)

Bei einem zu langsamen Rhythmus sinkt die Herzfrequenz auf unter 60 Schläge pro Minute. Normal ist dies nur bei gut trainierten Leistungssportlern. Ein langsamer Herzschlag muss behandelt werden, wenn die Blutversorgung des Gehirns und anderer Organe darunter leidet, was sich in vielerlei Symptomen zeigen kann wie Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit, Benommenheit, Leistungsschwäche, Seh- oder Sprechstörungen.

Die Rolle des EKG

Basis aller kardiologischen Diagnostik ist die Aufzeichnung der Herzströme, ein Elektrokardiogramm (EKG). Man unterscheidet Formen wie das Ruhe-EKG, das Belastungs-EKG auf dem Velo oder das Langzeit-EKG (bis zu sieben Tage). Mittlerweile kann man auch sehr kleine EKG-Geräte (Loop Recorder) implantieren, um den Herzschlag über Jahre hinweg zu überwachen. Übrigens ist auch die EKG-Funktion der Apple Watch für diagnosetauglich befunden worden. Sie deckt zwar nur einen beschränkten Frequenzbereich ab, ist aber zuverlässig darin, ein Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen. Weitere diagnostische Möglichkeiten bei Herzrhythmusstörungen bieten Ultraschalluntersuchungen.

Das Vorhofflimmern, die häufigste Herzrhythmusstörung im Alter

Beim Vorhofflimmern handelt es sich um eine Rhythmusstörung, bei der die Herzvorhöfe nicht im Einklang mit den Herzkammern schlagen. So füllen sich die Vorhöfe nicht mehr regelmässig vollständig mit Blut. Die Vorhoffüllung schwankt und liegt 10 bis 20 Prozent unter der Norm.

Das Vorhofflimmern tritt vor allem bei Menschen über 65 Jahren auf. Insofern gilt das Alter als ein hauptsächlicher Risikofaktor. Zu den weiteren Risikofaktoren zählen: Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und Fettleibigkeit, eine Überfunktion der Schilddrüsen, Schlafapnoe, Bewegungsmangel, Rauchen, ein übermässiger Alkoholkonsum und Herzerkrankungen.

Wie erkenne ich ein Vorhofflimmern?

Ein Vorhofflimmern kann sich sowohl in einem zu schnellen Herzschlag (Herzrasen) wie auch in einem unregelmässigen Rhythmus (Herzstolpern) bemerkbar machen. Hinzu kommen weitere mögliche Symptome wie ein Enge- und Druckgefühl in der Brust, Atemnot, Müdigkeit, Schwindelgefühle, Benommenheit und andere.

Was tun im Notfall?

Schwere Herzrhythmusstörungen sind häufig mit Herzrasen, Atemnot, Schwindelgefühlen und Brustschmerzen verbunden. Rufen Sie im Zweifel die Ambulanz oder bringen Sie die betroffene Person in den Notfall!

Das Vorhofflimmern behandeln: CARE

Die Behandlung des Vorhofflimmerns erstreckt sich über vier Massnahmenbereiche. Deren Anfangsbuchstaben bilden das Akronym CARE.

C steht für Komorbiditäten (englisch: comorbidities), also für begleitende gesundheitliche Risikofaktoren und Erkrankungen. Zu denken ist vor allem an Bluthochdruck, Übergewicht, Schlafstörungen oder Stress bzw. dessen schlechte Bewältigung, aber auch an psychische Begleiterkrankungen. Jede zweite Person mit einem Vorhofflimmern ist von einer Depression betroffen! Die Therapie des Vorhofflimmerns muss diese gesundheitlichen Probleme und Störungen mitbehandeln.

A steht für die Vermeidung von Schlaganfällen, englisch: avoid stroke. Wie eingangs erwähnt, stehen dazu nur konventionelle medikamentöse Gerinnungshemmer zur Verfügung. Sie verhindern die Bildung von Gerinnseln, die zu Schlaganfällen und anderen Komplikationen führen können.

R steht für die Reduktion der Symptome durch eine Frequenz- und/oder Rhythmuskontrolle (man kann das R insofern auch auf die Rhythmuskontrolle beziehen). Zur Verfügung stehen dazu sowohl medikamentöse wie interventionelle Massnahmen wie die elektrische Kardioversion oder die minimalinvasive Katheterablation. 

E steht für Evaluation, das heisst, dass die Wirkung der Therapie des Vorhofflimmerns regelmässig (etwa jährlich) geprüft und bewertet werden sollte.

Rhythmen und Routinen

CARE als Ganzes meint Fürsorge, Sorgfalt, aufmerksame Pflege. Man darf das Herz nicht auf seine mechanische Pumpfunktion reduzieren. Es ist ein komplexes, empfindliches Sinnesorgan mit Sensoren für Druck und Volumen. Das Herz reagiert auch auf Geruchsstoffe und bildet eigene Hormone, die sich daran beteiligen, den Blutdruck zu regulieren. Aufgrund seiner zentralen Stellung im Kreislauf seht es mit dem ganzen «Flüssigkeitsorganismus» (ein Ausdruck aus der Anthroposophie) in rhythmischer Beziehung.

Umso wichtiger ist es, aus der verbreiteten Rhythmuslosigkeit des modernen Alltags mit seiner 24/7-Mentalität herauszukommen. Wir sollten wieder aufmerksam werden auf Rhythmen, sie pflegen, einüben, lernen. Das heisst, Aktivität und Erholung, Bewegung und Ruhe regelmässig auszugleichen. Denn im Herzrhythmus spiegeln sich der Tagesrhythmus und der Rhythmus unseres Lebens.

 

Kardiologie an der Klinik Arlesheim

In unserer ambulanten schlafmedizinischen Sprechstunde untersuchen wir mögliche Ursachen für den nicht erholsamen Schlaf und erarbeiten gemeinsam mit den Betroffenen Lösungsansätze bei folgender Problematik:

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gf

Dieser Blogartikel entstand im Rahmen des Vortrags «Herz im Takt – ganzheitliche Ansätze bei Herzrhythmusstörungen» des Gesundheitsforum vom 25.6.2025:
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Autor / Autorin

Text: Patrick Frei, Geprüft von: Philipp Busche, Chefarzt Innere Medizin
Text: Patrick Frei, Geprüft von: Philipp Busche, Chefarzt Innere Medizin
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