Was ist Medienkompetenz? Sie lässt sich als die Fähigkeit definieren, mit den digitalen Bildschirmmedien souverän umzugehen. Im Fokus stehen dabei nicht die klassischen Medien wie Presse und Fernsehen, die von den Jungen ohnehin kaum noch konsumiert werden. Die aktuellen Studien konzentrieren sich auf die Nutzung des Smartphones und anderer Endgeräte (PC, Laptop, Tablet). Sie untersuchen, welche Plattformen der Sozialen Medien bei welcher Altersgruppe ankommen, und messen, wie lange wir uns im Internet aufhalten.
Die Medizin nennt ein Zuviel an Medienkonsum eine dysregulierte Mediennutzung. Ob Sie davon betroffen sind, lässt sich anhand diagnostischer Kriterien ablesen:
Dopamin beeinflusst unsere Stimmung und unser Wohlbefinden. Es löst Vorfreude aus, fördert den Antrieb und lässt uns zur Tat schreiten. Allerdings führen zu viele und zu häufige Reize zu einer übermässigen Dopaminausschüttung.
Genau darauf zielen Social-Media-Plattformen wie Instagram, Snapchat oder TikTok mit ihren vorwiegend visuellen und emotionalen Häppchen. Die absichtliche Reizüberflutung führt zu einem starken Dopamin-Peak und einem umso heftigeren Verlangen, den nachfolgend-ausgleichenden Dopamin-Crash durch erneute Reize zu vermeiden.
Auf diese Weise machen Social-Media-Plattformen den Homo Digitalis zum Dopamin-Junkie. Um diese Entwicklung umzukehren und den Dopamin-Haushalt wieder auszubalancieren, beherzigen Sie folgende Empfehlungen:
Eine dysregulierte Mediennutzung beeinträchtigt die Gehirnentwicklung. Es kommt zu verzögerten Reifungsprozessen in der Grosshirnrinde und zu funktionellen Veränderungen in den Belohnungssystemen, den Aufmerksamkeitsnetzwerken und der Stressverarbeitung. Kinder und Jugendliche werden unaufmerksam, ablenkbar und neigen dazu, kognitiv zu ermüden. Gedächtnis, Impulskontrolle und eine tiefere Informationsverarbeitung nehmen ab.
Speziell bei Kindern kommen Augenerkrankungen, Aggressivität, ADHS, Lernschwächen, Diabetes und Übergewicht hinzu. Ausserdem verzögert ein dysregulierter Medienkonsum die Sprachentwicklung und beeinträchtigt die motorische Entwicklung.
Diese Erkenntnisse sind ein Weckruf. Wir empfehlen verantwortungsvollen Eltern einen Blick in die SK2-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin zur empfohlenen Medienzeit pro Tag:[i]
0-3 Jahre: bildschirmfrei
Babys und Kleinkinder sollten gar keine Zeit vor Bildschirmmedien verbringen. Die Eltern nutzen das Smartphone oder ein anderes Endgerät am besten nur, wenn das Baby schläft.
3-6 Jahre: maximal 30 Minuten
Sich in der realen Welt zu bewegen, ist im Kindergartenalter das Wichtigste. Verwenden Sie einen Timer oder eine Sanduhr, damit die maximal 30 Minuten Medienzeit pro Tag eingehalten werden.
6-9 Jahre: maximal 30-45 Minuten
Kinder dieses Alters sollten ausserhalb der Hausaufgaben nicht länger als eine halbe bis Dreiviertelstunde vor einem Bildschirm verbringen. Auch sollte man die freizeitliche Nutzung auf einzelne Tage beschränken.
9-12 Jahre: maximal 45-60 Minuten
Kinder sollten vor ihrem 9. Geburtstag keine eigene Spielkonsole haben. Spielkonsolen sollte man an einem abschliessbaren Ort aufbewahren.
12-16 Jahre: maximal 2 Stunden freizeitliche Nutzung
Kinder sollten vor ihrem 12. Geburtstag kein eigenes Smartphone haben. Die Eltern gehen den Mobilfunkvertrag ein und sind die Besitzer des Gerätes, das sie dem Kind zur Nutzung überlassen.
16-18 Jahre: weiterhin maximal 2 Stunden freizeitliche Nutzung
Begleitung: Schauen Sie Filme gemeinsam an und reden Sie über das Gesehene. Analoges gilt für Computerspiele.
Alternativen: Halten Sie zur Beruhigung ein Lieblingsspielzeug oder Farbstifte zur Beschäftigung griffbereit.
Mahlzeiten: Verbannen Sie Bildschirmgeräte vom Esstisch. Essen Sie nicht beim Fernsehen oder Gamen.
Medienfreie Zeiträume: Legen Sie das Smartphone ausser Sichtweite und stellen Sie es möglichst häufig lautlos oder in den Flugmodus.
Gemeinsame Aktivitäten: Lassen Sie die Bildschirmgerät bei Ausflügen mit dem Auto zu Hause oder stellen Sie sich, dass sie nur lautlos gestellt oder im Flugmodus mitgeführt werden.
Gesunder Schlaf: Deponieren Sie alle mobilen Geräte der Familie abends zu einer fixen Zeit an einem gemeinsamen Ablageort, zum Beispiel in einer Kiste.
Internetzugang absichern: Sperren Sie die Geräte Ihrer Kinder für unangemessene, verstörende und traumatisierende Inhalte: www.medien-kindersicher.de
Schule in Präsenz: Schulunterricht sollte möglichst immer in Präsenz erfolgen. Zeitweilig kranke Kinder sollten auf Fernunterricht verzichten. Digitaler Fernunterricht ist nur eine Option für Jugendliche, die längere Zeit erkrankt sind.
Vorbild sein: Eltern, ältere Geschwister und Grosseltern sind Vorbilder in Bezug auf die Mediennutzung. Legen Sie die Geräte öfter aus Sicht- und Reichweite.
Suchtgefahr erkennen: Onlinesüchtige Jugendliche verschliessen sich anfangs dem Gespräch, Ratschlägen und Therapien. Eltern sollten trotzdem Hilfe suchen und sich an Fachpersonen wenden. Wie die Erfahrung zeigt, findet man schliesslich doch Zugang.
[i] Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. DGKJ. SK2-Leitlinie: Leitlinie zur Prävention dysregulierten Bildschirmmediengebrauchs in der Kindheit und Jugend. 1. Auflage 2022. AWMF- Register Nr. 027-075. Verfügbar: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-075
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Dieser Blogartikel entstand im Rahmen des Vortrags «Medienkonsum und Medizin – Gesichtspunkte für eine gesunde Medienkompetenz» des Gesundheitsforum vom 27.8.2025:
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